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    Mud Masters: Meister des Modder

    Lesezeit: ca. 9 Minuten

    Die Sommerpause ist vorbei. Ich bin bereit. Und es geht direkt in die Vollen.

    Es ist Samstag. Und es ist Mud Masters hier bei uns in Norddeutschland. Ich bin mit drei Freunden dabei und wir wollen wissen: Wo sind denn jetzt unsere Grenzen?

    Diesmal aber echt.

    Eigentlich wollte ich schon vor einigen Jahren mitmachen, hab damals dann aber diesen Hinweis hier gesehen:

    Nicht für Nichtschwimmer!

    Hmm. Na gut. Bevor ich irgendwo ertrinke, komm ich halt als Begleitung und Anfeuerer mit. Und wie ich dort dann über’s Gelände streune, sehe ich, dass von allen Hindernissen tatsächlich genau ein Einziges (!) wirklich eher der Schwimmerfraktion vorbehalten ist. Es ist die große Wasserrutsche The Flyer (Spoiler: Da kriegen mich auch diesmal keine 10 Pferde rauf)

    In dem Moment steht allerdings fest, dass ich beim nächsten Mal auf jeden Fall selbst am Start stehe. Dieses Mal ist genau JETZT. Und Dreck reinigt ja den Magen sagt man.

    Team Kilo.

    Start: 12 dreißig

    Distanz: 12 Kilometer

    Bock: 112 %

    Wir sind zu viert. Und wie wir gleich am ersten Hindernis merken, sind wir n richtig gutes Team. Überhaupt geht’s beim Mud Masters darum, sich gegenseitig zu helfen.

    Ob man sich nun kennt oder nicht – völlig egal. Am weitesten kommt man gemeinsam.

    Die drei lustigen Vier

    Bevor es los geht, überfliegen wir auf nem Plakat schon mal kurz die Hindernisse. Überfliegen ist übrigens n gutes Stichwort, denn später wünschen wir uns ab und zu, wir hätten sie wirklich überflogen.

    Die Uhr tickt runter und unsere komplette Startergruppe kann es gar nicht mehr erwarten. Es ist eine ganz besondere Stimmung.

    Was zieh ich nur an?

    Das überleg ich am Abend vorher wirklich ne Weile. Also klar, Laufhose und Shirt. Es werden lange Hosen empfohlen. Also zieh ich kurze an. Kein Schnickschnack. Wie immer. Aber welche Schuhe?

    Erster Gedanke: Da gibt’s n Paar echt alte und total runter gerockte Laufschuhe, für die das der wirklich allerletzte Einsatz wäre, bevor sie in die ewigen Laufschuhgründe eingehen.

    Andererseits hab ich hier auch n Paar der vermutlich besten Trailschuhe stehen. Meine Topo MTN2. Die sind im regulären Trailalltag halt schon total geil und haben mich bisher auf hunderten Kilometern bei nichts und nirgendwo hängen lassen. Im Trockenen kleben sie förmlich auf dem Boden. Wenn man damit mal n Stück über Asphalt läuft, hört man sogar, wie die Sohle sich festbeißt. Und im Gelände: Da sind sie ne Bank.

    Nächster Gedanke: Ich stecke später buchstäblich bis zum Hals im Schlamm – es gibt also definitiv keine Gelegenheit, dass die Schuhe jemals wieder härter rangenommen werden als hier. Will ich denen das wirklich zumuten?

    Noch blitzsauber

    Letzter Gedanke: Dafür sind die Dinger gemacht!

    Das müssen sie aushalten. Es wird der ultimative Härtetest – für uns beide. Ich bin bereit.

    End of comfort zone!

    Der Spruch am Start ist Programm. Zwar ahnen wir bisher nur, was auf uns zukommt, aber ich glaube, keiner von uns erwartet, dass es leicht wird. Aber soll es ja auch nicht. Wenn’s leicht sein soll, können wir ja auch ne Runde um den Block drehen ne.

    Warm-Up

    Der Drill Instructor, der uns vorm Start nochmal in die Zange nimmt, erinnert uns daran, unsere Schuhe fest (also wirklich fest) zu schnüren, damit sie nicht im Schlamm stecken bleiben. Ich hab Pace Locks in meinen Mountainracern. Mag ich einfach lieber. Ob’s gut geht? Ich bin gespannt.

    12:30: Endlich. Es geht auf die Strecke.

    500 Meter. Das ist die Schonfrist, die wir bis zum ersten Hindernis haben. Und da erwartet mich direkt mein absoluter Angstgegner.

    So’n Affentheater.

    Oh, wie sehr ich die Monkey Bars hasse. Hab ich sie im Training schon mal über die ganze (oder auch nur halbe) Länge geschafft? No. Nicht ein einziges Mal.

    Aber es ist echt schon merkwürdig, was so ein Wettkampfmodus mit einem macht. An der 3. Sprosse denke ich Der Weg ist ja noch weit. Aber gleichzeitig will ich diese Monkey Bars heute packen. Success is my only motherfuckin‘ option, failure’s not.

    Stück für Stück beiße ich mich durch, während gleichzeitig neben mir immer wieder Leute ins Wasser fallen. Mein Team pusht mich bei jedem Griff und als ich nach 16 Sprossen ankomme, ist das Gefühl einfach nur geil.

    Adios Monkey Bars. Heute gehört mir.

    Parcours.

    Wir ziehen unsere Kreise über den weitläufigen Kurs. Nach den Monkey Bars warten noch 22 Hindernisse auf uns. Wir klettern über meterhohe Walls und crawlen mit dem Gesicht durch den Dreck.

    Wir springen in bauchtiefe Schlammlöcher und haben Mühe, auf der anderen Seite wieder heraus zu kommen, so rutschig ist es. Aber wieder unterstützen sich alle Teilnehmenden, strecken ihre Hände aus und ziehen sich gegenseitig an Land. Und wir sehen schon nach kurzer Zeit aus wie Sau.

    Meine Topos? Sind nicht mehr zu erkennen. Wasser, Sand und Schlamm sind mir überall in und über die Schuhe gelaufen, aber: Sie erledigen ihren Job trotz dieser Odyssee erstklassig.

    Auf dem Weg zwischen den Hindernissen geht es über Baumstämme, Waldwege und Hügel hinauf. Es ist glatt, steinig und wackelig. Und meine Mountainracer tun einfach, wofür sie da sind. Ohne zu murren. Und bringen mich Stück für Stück weiter.

    Zwischendurch denke ich ans finale Hindernis. Und hab n gutes Gefühl dabei.

    Der Sizzler.

    Auf den Sizzler hab ich mich besonders gefreut. Nicht nur durch den Schlamm kriechen, sondern als Bonus zusätzlich noch mit kleinen aber feinen Stromschlägen von oben. Alles oder nichts. Ich werde wirklich nicht enttäuscht.

    Ich mache das erste Mal beim Mud Masters mit und somit kann man ja immer nur ahnen, was jedes Hindernis an Gemeinheiten für einen bereit hält. Der Sizzler ist schon cool. Er erinnert mich n bisschen daran, wie ich als Kind aus Versehen an einen Stromzaun gefasst hab. Da kommen fast nostalgische Gefühle auf.

    Apropos Gemeinheiten: Es kommen noch einige Hindernisse, die es in sich haben.

    Eine Handbreit Luft.

    Das ist Claustrophobia. Viel Platz ist da nicht zwischen Gitter und Wasser. Ich stürze mich trotzdem ins nasse Vergnügen und gleite überraschend smooth mit der Nase gen Himmel durchs schlammige Wasser. Auf der linken Bahn. Die ist nichtschwimmerfreundlich(er).

    Claustrophobia ist vermutlich nicht für jeden was. So wie jedes andere Hindernis auch. Manche Sachen liegen einem, manche nicht. Deshalb hab ich die Wasserrutsche auch ausgelassen. Niemand hat etwas davon, wenn jemand irgendwo tatsächlich in Todesangst gerät. Und es gibt eine klare Grenze zwischen Zähne zusammenbeißen und wirklicher Panik. Aber hier drängelt oder drängt niemand. Die Stimmung ist einfach gut.

    Also auf zum nächsten Hindernis. Und zum Nächsten. Und zum Nächsten.

    Breite Schultern.

    Also wenn ich vorher keine breiten Schultern hatte, dann hinterher. Denn immer wieder tragen wir etwas darauf herum. Manchmal einen unserer Laufbuddies. Manchmal Sandsäcke.

    Und manchmal sind wir abwechselnd unten an den Great Walls, um den Anderen als Leiter bereit zu stehen. Es ist wieder wie als Kind. Erst einen Fuß in die Räuberleiter, dann den zweiten Fuß auf die Schulter. Und dann drückt man einen Buddy nach dem anderen nach oben.

    Man wundert sich, wie sehr 80kg von oben dann doch in den eigenen Beinen ankommen. Aber auch hier geht’s eben am besten gemeinsam. Erst bringen wir die Stärksten nach oben, damit sie dort die Leichteren hoch ziehen können. Unsere Rechnung geht auf. Und ich spüre die Schuhe der Anderen noch einige Tage später auf meinen Schultern.

    Sind wir bald da?

    Ich merke, dass ich dem Ziel immer näher komme. Und hab mittlerweile richtig Bock auf das allerletzte Hindernis. Aber bis dahin geht’s noch ein bisschen durch den Wald und das eine oder andere Gewässer.

    Zwischendurch bin ich so voller Schlamm, Dreck und dreckigem Schlammwasser, dass ich teilweise nicht mal mehr richtig sehen kann. Die Augen sauber wischen geht aber auch nicht, da die Hände ja genauso dreckig sind wie alles andere, das ich am Körper trage.

    Das knietiefe Wasser, das wir an einer Stelle durchqueren müssen, kommt da gerade recht. Eigentlich ist’s auch total dreckig, aber im Gegensatz zu uns kommt es mir vor wie feinstes Quellwasser. Ich wasche zum ersten Mal mein Gesicht und auch meine Schuhe aus, so dass sie wenigstens nur noch nass und nicht mehr voller Schlamm sind. Sie haben jetzt auch tatsächlich (fast) wieder ihre ursprüngliche Farbe. Großartig.

    Wie ein Rudel Waschbären

    Als ich später eines der Videos sehe, denk ich sofort: Wir sehen aus wie n Rudel Waschbären. Aber da Waschbären ja eben auch liebenswerte Spinner sind, geht das schon in Ordnung.

    Jetzt sind’s nur noch ein paar Kurven und wir laufen auf das allerletzte Hindernis zu.

    Bitte begrüßen Sie: Die Rampensau!

    Start und Ziel liegen direkt nebeneinander. So kann ich das letzte Hindernis bereits sehen, als wir vormittags auf dem Gelände ankommen. Und mein erster Gedanke ist sofort:

    Diese Rampe ist wirklich ne Sau!

    Die Pipe Runner ist 5 Meter hoch und (wie eigentlich alles hier) voller Schlamm, Sand und Wasser.

    Ein letztes Hindernis

    Es gibt ein paar gute Tipps, um die Quaterpipe besser und möglicherweise gleich im ersten Versuch zu packen.

    • Gib Gas – Speed ist (fast) alles!
    • Schau hoch – da, wo du hin willst!
    • Glaub an Dich – Du packst das!

    Wir laufen alle nacheinander. Ich bin der Dritte und kann dabei zusehen, wie andere Mud Master links und rechts neben mir immer mal wieder einen zweiten oder dritten Anlauf starten. Aber ich will diese Rampe im ersten Versuch schaffen. Genau wie die Monkey Bars.

    Noch einmal klopfe ich den Dreck von meinen Mountainracern. Ich bin wirklich froh, dass ich sie für heute ausgewählt hab – Grip ist hier echt alles. Und wenn man Vertrauen in sein Zeug hat, kann man sich auf die wichtigen Sachen konzentrieren. Heute fordere ich die Topos so richtig und ohne Rücksicht. Sind sie überfordert? Keine Spur. Ich freu mich auf die nächsten Abenteuer, wenn sie wieder trocken sind.

    Dann laufe ich los. Ich schaue hoch und fasse nach der zweiten Griffkante. Gotcha. Wenn man die zweite Kante greift, kann man die Untere nutzen, um einen Fuß abzustellen. Ich ziehe mich nach oben und habe es geschafft. Und es ist wirklich einfach nur geil.

    So richtig und vollkommen zufrieden klettere ich die Rampe auf der Rückseite hinunter und wir laufen zu viert alle gemeinsam die letzten Meter ins Ziel.

    Ich bin jetzt ein Mud Master!

    Wir hatten alles. Sonne, Regen und Blasen an den Händen. Aufgestoßene Knie, Ellenbogen und Muskelkater. Und einen wirklich guten Tag. Wir sind ein tolles Team und haben uns gemeinsam ins Ziel gebracht. Zu fünft – T. hat uns begleitet, angefeuert, wenn die Kraft manchmal zu Ende schien und all die coolen Fotos und Videos gemacht. Vielen Dank.

    Mud Masters ist wie ein riesengroßer Abenteuerspielplatz. Jeder hier stürzt sich in sein ganz eigenes Abenteuer. Und gleichzeitig ist’s, sobald es losgeht, als wäre man wieder ein Kind. Man trifft sich mit den anderen Kindern des Viertels, macht verrückte Pläne und verbringt gemeinsam einen spannenden Sommertag, von dem man sich hinterher zusammen noch lange die wildesten Geschichten erzählen kann.

    Und hey, das Leben braucht wilde Geschichten, kaputte Knie und Abenteuer. Dafür isses doch da.

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