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    Immer weiter laufen: 157 Millionen Sekunden

    Lesezeit: ca. 6 Minuten

    Es ist geschafft. 5 Jahre. Oder 260 Wochen. Oder eben 157 Millionen Sekunden.

    Mein Ziel: Jeden Monat 100+ hatte ich immer im Blick. 60 Monate. Manchmal straight. Manchmal mit einem Auge. Aber immer im Blick.

    Und ich war mir tatsächlich zu jeder Zeit sicher, dass ich es auch erreichen konnte. Ich wusste zwar nicht immer wie, aber einen Weg würde ich schon finden.

    Was soll ich tun, wenn etwas Unvorhersehbares passiert? Ich könnte mir nen Knöchel brechen. Und mit einer CED ist’s ja auch nicht grad ungewöhnlich, dass man überrascht wird. Naja, seh ich dann.

    Aber ich bin nicht der Mensch, der sich die ganze Zeit den Kopf über Dinge zerbricht, die passieren könnten. Da kann ich dann immer noch gucken, was ich mache, wenn es soweit ist.

    Die Nase im Wind!

    Viele Menschen finden es häufig ja etwas abgehoben, wenn man mit der Überzeugung, dass man es schaffen wird, an ein Ziel geht.

    Ich sehe es tatsächlich genau anders herum. Ich glaube, gerade weil ich immer sicher war, es schaffen zu können, bin ich unter manchmal widrigen Umständen 60 Monate lang einfach immer weitergelaufen.

    Bei jedem Wetter. Durch jedes Gelände. Tagsüber. Nachts. Immer.

    Und es hat Spaß gemacht. Denn selbst, wenn ich mal wieder gegen norddeutschen HagelSturmSchneeRegen angelaufen bin oder knöcheltief irgendwo im Nichts im Schlamm steckte: Ich wollte immer weiter.

    Vermutlich fast jeder Mensch, der in irgendeiner Weise läuft, hat schon mal die Frage gestellt bekommen, ob man denn vor etwas davon, oder auf etwas zu läuft, das einem möglicherweise fehlt.

    Ich glaube, und darüber bin ich wirklich glücklich, dass bei mir beides nicht zutrifft.

    Ich laufe los und bin einfach glücklich, dass ich es kann.

    Zahlen – Menschen – Abenteuer

    Die letzten 5 Jahre haben mir wirklich wahnsinnig viel geboten, wenn ich so zurück schaue.

    Es gab viele schöne Erlebnisse und interessante Menschen, die ich kennengelernt hab.

    Ich bin in dieser Zeit ziemlich spontan meinen ersten Marathon gelaufen und hab im April 2019 meinen bisher besten Monat hingelegt.

    Der entstand übrigens genauso spontan, weil ich am 3. Tag des Monats schauen wollte, was nach dem gelungenen Start noch so geht. Es lief optimal und in diesem Monat bin ich (natürlich nicht zufällig) exakt 400 Kilometer gelaufen.

    Ich mag es ja, mich auch im Rückblick mit meinen Kilometern zu beschäftigen. Daraus entstehen dann handfeste Dinge wie mein Challenge-Schaubild.

    Oder die große Heatmap zu meinem EverySingleStreet-Projekt. Photoshop ist für solche großformatigen Dinge wirklich ein Freund. Davon berichte ich dann ein anderes Mal.

    Plötzlich wird sichtbar, dass vieles miteinander zusammen hängt. Und ohne das eine wäre das andere nicht möglich gewesen. Halt so wie im Leben.

    Alles beginnt immer irgendwo im Hinterkopf. Ganz unauffällig. Mit einer Idee, die ich dann eine Weile mit mir herum trage, bis sie immer detaillierter wird, so dass ich unbedingt damit beginnen möchte.

    Ich finde, wenn alles nur digital irgendwo vor sich hin liegt, fehlt wenigstens mir die persönliche Verbindung dazu. Und natürlich werden mir durch’s Stöbern in Strecken und Zahlen auch Situationen ins Gedächtnis gerufen, die ich möglicherweise schon fast vergessen hätte.

    Auf’n Date mit dem Dalai Lama?

    Einfach loslaufen. Vielleicht ist das schon das ganze Geheimnis. Vor Deinem Leben läufst Du sowieso nicht davon. Das ist immer einen Schritt vor Dir wieder zu Haus. Und ich vermute, dass einen die Weisheit auch nicht auf halber Strecke küsst, als hätte man n Date mit dem Dalai Lama.

    Ich glaube, man sollte die Dinge häufig nicht schwieriger machen, als sie sind. Menschen haben nur die etwas ungünstige Neigung, Gedanken manchmal etwas zu kompliziert zu machen.

    Oft ist’s einfach nur eine leicht schiefe Wahrnehmung, die man sich irgendwann mal so richtig fest ins Gehirn genagelt hat und die einen unzufrieden macht.

    Manchmal ist das eigene Gras auch ganz grün.

    Schau Dich um in Deinem Leben. Also so richtig bewusst mein ich. Gibt es etwas, das Dir fehlt?

    Ist es vielleicht nur etwas, das Du einfach gern hättest? Vielleicht aus Langeweile oder weil’s jemand anderes nicht hat? Oder ist da eine echte Lücke?

    Quasi ein Riss, den man nicht geschlossen bekommt, ganz egal, was man tut oder wie sehr man sich bemüht. Ich kenne das selbst und es ist wirklich kein schönes Gefühl. Und mit allem, was man von außen dagegen unternimmt, wird der Riss nur länger.

    Ich gebe hier keine Lebensweisheiten, wie so ein schlechter Küchenkalender. Nur bin ich selbst in die eine oder andere Falle getappt, bevor mir klar wurde, womit ich den Riss verschließen konnte. Mit meinem eigenen Leben.

    Folge Deiner eigenen Route.

    Ich habe geschaut, was ich möchte und dann Schritt für Schritt all die Dinge getan, die gut für mich sind.

    Und ich versuche, alle Energiefresser, die mir so über den Weg laufen, auszusortieren. Die wenigsten Dinge sind unvermeidlich. Oder in Stein gemeißelt. Man muss Prioritäten setzen. Nichts ist perfekt. Und muss es auch gar nicht sein.

    Die Schönheit im Makel: Kintsugi

    Auch ich muss von Zeit zu Zeit an meinem Riss nacharbeiten. Ein bisschen was schönes hier, ein bisschen was nettes dort und tadaa!: Die Risse sind vergoldet und geflickt und mein Leben gefällt mir so gut, dass ich es glatt in eine Vitrine stellen würde.

    Viva la Küchenkalender.

    Wenn ich jetzt noch schreibe, dass hier, genau wie bei meiner 5-Jahres-Challenge, der Weg das Ziel ist, ist’s einerseits ein gutes Beispiel für diese hoffnungslos abgegriffene Weisheit. Andererseits klinge ich aber doch wie einer dieser Kalender.

    Sie stehen stiefmütterlich und unbeachtet irgendwo in einer Ecke der Küche und erinnern uns unverdrossen Woche für Woche daran, dass es die einfachen Dinge sind, die wirklich zählen.

    Das wär doch eigentlich n Vorsatz für’s neue Jahr:

    Kauf Dir so nen Kalender und versuche, ein Mal am Tag die vermutlich fürchterlich inflationär verwendeten klugen Ratschläge in Deinen Tag einzubauen. Schaden kann’s ja nicht ne.

    Vielleicht kauf ich mir irgendwann ja auch mal einen.

    Back to topic.

    Ich bin ganz schön abgeschweift. Aber so ist das manchmal. Den Bogen zurück zum Laufen bekomme ich aber trotzdem noch hin.

    Denn ohne, dass mir all das genau so widerfahren ist, wäre ich bestimmt nicht an den Punkt gelangt, dass ich weder vor etwas davon, noch auf etwas zu laufe. Gefühlt hat mich jeder Schritt in meinen Laufschuhen zwei Schritte weiter gebracht.

    Am Ende meines ganz persönlichen Langzeitprojekts bin ich mehr als neuneinhalbtausend Kilometer weit gelaufen. Und über fünfzig Kilometer hoch. Als ich 2014 mit dem Laufen begonnen hab, wusste ich nicht, wohin es mich führt. Gefällt es mir überhaupt? Ey, es ist das Beste Leute! Und ich würde es genau so nochmal machen.

    Hey Recovery. Take a seat.

    Recovery. Klingt ja direkt wichtiger als schnöde Erholung, dachte ich als Erstes. Aber je länger ich den Begriff im Kopf habe, umso besser gefällt er mir. Er klingt wie eine weiche Decke, in die man sich einkuschelt und ganz langsam einschläft.

    Ich merke, dass nach 5 Jahren durchgehender Challenge nun wieder frische Luft durch meinen Kopf und die angeschmorten Synapsen weht. Fresh wie Calippo Kirsch. 1 Mark. Bestes.

    Und ich durchbreche alte Gewohnheiten. Ich laufe jetzt im Januar seit wirklich langer Zeit einen Monat weniger als 100 Kilometer. Anfangs war das Gefühl tatsächlich ein bisschen merkwürdig. Es war ja eine etablierte Größe. Mittlerweile weiß ich aber, dass es genau die richtige Entscheidung ist.

    Es gibt einen Punkt, an dem Routinen die Kontrolle übernehmen wollen. Und dann wird es Zeit für einen Cut und neue Ziele. Es gibt schließlich noch viele andere Dinge zu entdecken und auszuprobieren.

    Ich habe neue Schuhe für mich entdeckt, über die ich hier berichte. Und ich freue mich auf viele unbekannte Kilometer.

    Deswegen laufe ich weiter. Weil ich es kann. Vielleicht vergingen deshalb meine letzten 5 Jahre wie im Flug. Ich hatte ja schließlich einen Fensterplatz. Und mindestens Business-Class. War ne schöne Aussicht.

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